Der folgende Blogartikel wurde von Pascal verfasst und mit Anjas Ergänzungen versehen. Außerdem hat sie zahlreiche Rechtschreib-, Satzbau- und Kommafehler ausgebessert 😜
Eines unserer großen Vorhaben in Südamerika war es, einen kurzen bis mittelfristigen Zeitraum irgendwo für Kost und Logis mitzuarbeiten. Unser Ziel war es, die Kultur besser kennenzulernen und so was in Richtung „Work and Travel“ zu machen. Nach viel Aufschieberei nahmen wir uns dann die Zeit (eigentlich aber nur Anja) und durchstöberten einige Internetportale, bei denen sogenannte "Hosts“ einen Platz anbieten. Durch die Reiseplanung waren wir bereits auf Peru festgelegt. Anja wollte unbedingt entweder etwas mit Natur machen - am besten mit Kakao - und ich etwas abgelegener und am besten Dschungel wohnen. Einige Tage Recherche und Diskussionen später legten wir uns einen Paar-Account auf "Workaway“ für ca. 50€ an und schrieben die die zwei präferierten Hosts an. Mit der Anmeldegebühr wird zumindest einigermaßen sicher gestellt, dass sich auch nur Leute bewerben, die es ernst meinen (auch wenn wir von ein paar faulen Äpfeln erfahren haben). Nach einem etwas - sagen wir mal "zeitversetztem“ - schriftlichen Kontakt konnten wir endlich Nägel mit Köpfen machen. Richard, unser Host, sagte uns für 10 Tage und 10 Sol (2,50€) pro Person pro Tag zu. Das Tolle daran: der Zeitraum war genau passend und unsere Kriterien - Kaffee, Kakao und Dschungel - wurden übererfüllt, denn es war sogar noch eine kleine familiengeführte Öko-Farm. Wobei man allerdings hinzufügen sollte, dass es nicht direkt Dschungel war, sondern Zentralwald. Das ist eine Vorstufe zwischen den Bergen und dem Dschungel, bei der die Vegetation allerdings schon sehr stark ausgeprägt ist. Im Nachhinein vielleicht sogar die bessere Wahl, da alles noch nicht ganz so krass ist wie im Dschungel und man sich besser dran gewöhnen kann. Dass wir trotz unser zur Verfügung gestellten Arbeitskraft und der Anmeldegebühr nochmal extra bezahlen mussten, störte mich zwar am Anfang etwas, sollte sich dann allerdings am Ende als vollkommen in Ordnung herausstellen.
Unsere Unterkunft ist gerade im An- und Ausbau, deswegen mussten wir zum Beispiel für unseren Toilettengang die Treppe runter, die Haustüre raus, die andere Haustüre rein und durch das Wohnzimmer zum Klo. Das hält fit! Lustigerweise ist das ganze Haus auch sehr offen gebaut, da es ja eigentlich nie kalt ist. So kommen auch recht viele Insekten rein ins Haus, aber Richard, unser Held, hatte zum Glück noch ein Moskitonetz rumliegen. Das Trinkwasser zum Beispiel muss man mit einem Deckel oder so einem süßen Stoffhäubchen abdecken, damit keine Fliegen rein kommen. Das Trinkwasser aus dem Hahn muss man immer abkochen oder mit Kohletabletten behandeln. Vorrausdenken ist hier angesagt! Unsere Wäsche konnten wir mit der hauseigenen Waschmaschine waschen. Da das Wasser aber mit kleinen Sedimentablagerungen versehen ist und regelmäßig den Waschmaschinenfilter verstopft, hat sich Richard was ausgedacht: Einfach den Gartenschlauch in die Waschtrommel halten und den Wasserstand händisch auffüllen. Genial! So konnte unsere verschwitzte Wäsche endlich mal wieder etwas Frische erlangen. Und dank der hohen Temperaturen trocknete die Wäsche auch sehr schnell. Man muss sie nur vor dem nächsten Regenschauer wieder einholen, sonst hat die Sonne umsonst ihre Energie rein gesteckt ;) ☀️
Hier noch eine kleine Anekdote: Eines Nachmittags fragte ich mich, warum es nicht zum bellen beziehungsweise winseln aufhört - ob das wohl ein Hund war? Nach einer kurzen Suche hat sich herausgestellt, dass der Nachbarhund in eine Grube gefallen ist, die wegen dem Umbau noch nicht abgesichert war. Mit viel Geduld ein paar Leckerlies aus Rambos Vorrat (Rambo ist der süße Haushund) ließ er sich dann doch endlich raus locken ;) Nun zu Rambo: Rambo ist sehr selbstständig, um es mit Richards Worten zu sagen: "Rambo hat sein eigenes Leben“. Gemeinsam mit dem Hund von Richards Tante (die direkt nebenan wohnt und dort ihren Gemischtwarenladen hat) bildet er seine eigene Gang und verteidigt sein Revier gegen die Nachbarhunde. Zu zweit laufen die Beiden auch immer gemeinsam im Dorf herum und machen es unsicher ;)

Unsere Gastfamilie bestand aus zwei Personen, Richard und seiner Mutter. Richard ist eigentlich Mitarbeiter in einem Nationalpark, der etwas entfernt ist, aber in seiner freien Zeit nimmt er auch Freiwillige wie uns auf. Seine Mutter war Lehrerin, ist mittlerweile aber schon im Ruhestand, koordiniert und arbeitet aber noch fleißig auf der Farm und im Haushalt mit. Alle paar Monate kommt dann auch die Oma von Richard - die schon über 90 ist - vorbei und wohnt dann für ein paar Wochen bei ihnen. So wechseln sich die Geschwister das ganze Jahr über ab und die Oma ist versorgt. Eigentlich ein cooles Prinzip, funktioniert allerdings in Deutschland bei den meisten wohl nicht, weil wir gar nicht so viele Geschwister haben. Auf der Farm arbeitet dann noch regulär eine Familie mit, die dafür angestellt ist die Farm zu bewirtschaften und zu pflegen. In der Erntehochzeit werden dann noch zusätzlich Erntehelfer engagiert. In dem kleinen Dorf gibt es ziemlich viele Kirchen, bestimmt drei oder mehr, obwohl dort weniger als 500 Leute wohnen. Für viele Menschen ist dort sogar ein täglicher Gottesdienstbesuch angesagt, bei dem dann auch immer schön laut gesungen wird. Manchmal gibt es dann auch einen inoffiziellen kleinen Wettkampf, welche Gemeinde lauter, aber nicht besser singen kann. Unsere atheistische Gastfamilie macht dann manchmal auch mit beim Wettkampf, allerdings mit Partysongs und den dazu passenden Getränken.

An sich haben wir pro Tag nur ca. 2-4 h tatsächlich auf der Farm gearbeitet. Das coole daran war, dass es eigentlich fast jeden Tag eine andere Arbeit gab. Richard zeigte uns in der Regel am Anfang wie es funktionierte, schaute dann kurz zu, ob wir auch alles verstanden haben und dann ging es los. Wir machten dabei Folgendes über den ganzen Zeitraum hinweg:
Früh. Mittags. Abends.
Natürlich immer traditionell peruanisch. Manchmal gab es abends auch noch einen Appetizer. Nur einmal haben Anja und ich Spätzle für die Familie geschabt, die sind sehr gut angekommen. Aber da ist ja schließlich auch ein Haufen Käse und Zwiebeln drin. Unsere Aufgabe war es dann, abzuspülen. Ich glaube, das Geschirr hat schon lange nicht mehr so viel Zuneigung bekommen ;) Und ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so viel Zeit mit Abspülen verbracht habe. Gott sei Dank haben wir daheim eine Spülmaschine.
Hier gibt es ein kleines Album mit den Gerichten und Getränken, die wir in San Pedro genossen haben. An dieser Stelle eine kleine Botschaft an Richard: Rezepte gerne gesehen! Mit unserem Artikel sind wir leider eeetwas verspätet dran, deswegen wissen wir leider weder Namen noch Zubereitungen. Also falls du mal ein freies Minütchen und Langeweile hast, dann schreib gerne für uns und alle kommenden Workawayer deine leckeren Rezepte auf und mach unsere Welt ein kleines bisschen leckerer ;)

Nach dem Mittagessen oder auch am Wochenende haben wir auch ab und zu nachmittags etwas unternommen. Es war sehr interessant, durch den Wald zu laufen und die ganzen fremden Pflanzen und Tiere zu beobachten. So sind wir zum Beispiel im großen reißenden Fluss neben dem Dorf Baden gegangen oder haben unterhalb eines großen Wasserfalls namens "Catarata San Andrés“ im Wasser geplanscht. Auch "Petroglifos de Huanacaura“, die in einen großen Stein gemeißelten Zeichen und Tiere aus längst vergangenen Zeiten haben wir besucht. Als einmal Richards Schwester zu Besuch kam, war für den nächsten Tag frisches Hühnchen eingeplant. So habe ich das erste Mal gesehen, wie vor der Küche ein Huhn geschlachtet wurde. Danach habe ich beim Federnrupfen und Zerlegen mitgeholfen. Ein einprägsames Erlebnis, denn leider war das benutzte Messer zu stumpf. Naja, Anja war vorsichtshalber vorher schon mal ins Bett gegangen. Außerdem haben wir noch das jährliche Schulfest mit seinen Koch-, Tanz- und Schönheitswettbewerben besucht. Sehr interessant auch, wie die Väter ein Fußballturnier gespielt haben. Ansonsten ist in San Pedro noch der süße Hauptplatz "Parque San Pedro de Coviriali“ zu nennen, bei dem wir auch mal den einheimischen Kindern beim Spielen zugeschaut haben.

Zentralwald ist zwar noch kein Regenwald, aber wir durften trotzdem fast jeden Vormittag einen Wolkenbruch erleben. Da bleibt man dann drin und spült noch gar ab. Was anderes kann man auch gar nicht machen. Manchmal fällt dann auch der Strom oder das Internet aus, aber das ist dann gar nichts Besonderes mehr. Nachdem dann in den ganzen Pfützen und Wasserlachen die nächste Generation Mücken herangewachsen sind, kann man sich dann schön stechen lassen. Da hilft zur Vorbeugung nur noch lange dicke Klamotten oder 20 Kilogramm Anit-Insektenspray. Für die Nachbehandlung ist aber auch ein BiteAway-Stift toll, der per Knopfdruck die Stiche erhitzt, aber nur soweit, dass das juckende Eiweiß denaturiert und nicht die Haut. Anja hat so ein paar Batterien in ihren Körper reingebrutzelt. Auf jeden Fall besser als Kratzanfälle. Beim Arbeiten ist es dann ziemlich feucht und heiß, weswegen viel trinken und Sonnenschutz (vor allem am Kopf) angesagt ist. Für mich waren die Temperaturen eher kein Problem, bei Anja muss es aber wohl ein paar Hirnleitungen zusammengeschmolzen haben, so rot wie ihr Kopf immer war.
Im Dorf gibt es nur vier bis fünf Gemischtwarenläden. Wenn man also etwas anderes will als Klopapier, Bier oder Hühnchen muss man in die nächst größere Stadt. In diesem Fall ist das Satipo. Wir waren ein paar Mal da, um neben Baumaterialien und Glaskaraffen auch Klamotten und Gemüse zu kaufen. Wir fanden diese Stadt perfekt, denn es gibt wirklich alles, was man braucht. Aber dabei ist die Stadt nicht allzu riesig und man fühlt sich dann doch noch etwas wie im Zentralwald, da um die Stadt herum lauter grüne Berge emporragen. Besonders wird uns dabei die Fahrt mit dem Baustofftransporter in Erinnerung bleiben. Es handelte sich dabei um ein dickes Motorrad mit Haube für den Fahrer und einer Ladefläche in Größe eines normalen Sprinters, auf dem wir und ein großer Haufen Sand hinten drauf von Satipo zurück nach San Pedro getuckert sind.
In Satipo waren wir dann noch zum Shoppen, am Hauptplatz "Plaza Mayor de Satipo“ und am "Mercado 1° de Noviembre“ und am "Mercado de Frutas“. Auch die Fußgängerbrücke "Puente Pasarela“ war zu sehen. Außerdem machten wir noch einen Großeinkauf in Sachen Zimt, Nelken und anderen Gewürzen und kauften eine Badehose und eine Jeans für Pascal und eine lange, luftige Hose für mich. In Satipo waren wir definitiv die einzigen Ausländer - hierher verirren sich wohl eher wenige :) Nach Satipo ging es von San Pedro aus entweder als Mitfahrer auf dem Motorrad oder mit dem Mototaxi.
Als wir eines Tages von der Farm ins Dorf zurück kamen, hing auf einmal ein großes Banner über der Hauptstraße. Dort wurde vom Finanzamt Werbung gemacht, seine Steuern zu bezahlen, denn dann qualifiziert man sich für ein Gewinnspiel, bei dem man zum Beispiel eine Waschmaschine oder ein Motorrad gewinnen kann. Ich denke, diese Anekdote zeigt ganz gut auf, wie es um die Schattenwirtschaft in Peru bestellt ist. Ansonsten ist noch sehr interessant anzusehen, wie Mitarbeiter des Gesundheitsamtes in voller Gummimontur mit Flammenwerferähnlichen Geräten ein ganzes Dorf ausräuchern. Ziel ist es, das von Mücken verbreitete Denque Fieber zu bekämpfen. Gott sei Dank hat es uns nicht erwischt.
Da mein Freund Jona für die nächsten Wochen zu Besuch kam und wir uns die Highlights der Region Cusco zusammen anschauen wollten, mussten wir einigermaßen schnell nach Cusco. Da hatten wir zwei Optionen. Erstere war leider nicht umzusetzen, da wir für den Weg durch den Dschungel mit Boot, Bus und Minibus schon fast eine halbe Woche gebraucht hätten. Außerdem hätte sich vieles auch nur vor Ort organisieren lassen. So mussten wir leider den nicht direkten und unspannenderen Weg über Lima nehmen. Nach fast 2 Tagen inklusive 4h Aufenthalt in Lima kamen wir dann endlich in Cusco an. Glück hatten wir dabei auch ganz schön, denn beim Buchen des Busses von Lima nach Cusco haben wir gerade so noch die letzten zwei Sitzplätze bei "Cruz del Sur“ erwischt. Ansonsten hätten wir mit einem anderen Busunternehmen fahren müssen oder das Ganze hätte noch länger gedauert. Cusco sollte sich dann später als Ausgangspunkt für die Region herausstellen, zu dem wir immer wieder zurückgekehrt sind. Für die Fahrt von Satipo nach Lima mit MovilBus zahlten wir pro Person 85 Soles und für die Strecke Lima - Cusco 185 Soles. Mit der Konkurrenz "Civa“ hätten wir noch ein kleines Care-Paket inbegriffen gehabt und nur 140 Soles gezahlt. Ich wollte aber lieber mit "Cruz del Sur“ fahren, da wir mit diesem Busunternehmen schon Erfahrung haben.
In Lima schauten wir dann noch bei unserer Lieblingsbäckerei vorbei und entspannten im Park, bis unser Bus abfuhr.
Vielen Dank an Richard für die tolle Zeit, das viele Essen und die vielen Erklärungen, wie was auf der Farm funktioniert. <3
Viele Bilder gibt es diesmal wieder unter https://hoenisch.eu/photo/mo/sharing/OJ8UXOQoi