TORRES DEL PAINE - W-Trek

20.01.2024
Torres del Paine
Chile
Hiking

Die berühmten blauen Türme, leider noch etwas vom Nebel bedeckt

Was ist eigentlich der W-Trek

Der W-Trek ist eine drei- bis fünf-tägige Wandertour in einem wunderschönen Nationalpark mit Gletschern, türkisfarbenen Seen und dem berühmten Granit-Gebirgsmassiv (die sogenannten Türme) im Süden Patagoniens in Chile. Wir haben uns auf den ca. 75km langen Weg gemacht, um uns die tolle Landschaft anzuschauen und darin zu schwelgen. Wir sind wie die meisten Wanderer dieses Treks mit 4 Übernachtungen und 5 Tagesetappen unterwegs gewesen. Essen, Kochutensilien, Schlafsack und sonstige Dinge haben wir selbst mitgeschleppt, die Zelte und Isomatten an den unterschiedlichen Campingplätzen allerdings ausgeliehen.

Die Enten Lagune hoch oben in den bergen, mit schönem bergigen Hintergrund.

Entspannung trotz Anstrengung

Für mich - als hauptberuflicher Stubenhocker - war es mal wieder sehr schön, lange Zeit einfach an der frischen Luft zu sein. Denn wir haben nicht nur während des Trails, sondern auch schon die Woche davor im Zelt genächtigt. Als wir dann mit dem Bus am Schluss wieder abgefahren sind, ist mir erst so richtig bewusst geworden, wie frisch meine Gedanken geworden sind. Dazu hat auch beigetragen, dass es im Nationalpark kein Internet gab. Oder zumindest keines, für dass ich bereit gewesen wäre, die entsprechende Unmenge an Geld zu bezahlen (ca. 10000 Pesos bzw. 10 Euro pro Stunde). Während für Anja Teile des Weges eine außerordentliche Herausforderung war - unter anderem aufgrund einer Erkältung und ihrer mangelnden Grundfitnesslevel -, ging es für mich ganz gut. Die üblichen Probleme meiner Füße waren Gott sei Dank nicht zu groß und nach etwas Gepäckverschiebung zu meinen Ungunsten war die allgemeine Stimmungslage auch wieder deutlich besser. Wir hatten während des Weges die meiste Zeit über Rückenwind, nur am ersten Tag nicht. Man denkt gar nicht, was das beim Laufen für einen großen Unterschied macht. Am letzten Tag war der Wind so stark, dass man beim Laufen fast umgeworfen wurde. Uns ist das nicht passiert, aber andere Wanderer, die wir am Trail kennengelernt haben, schlugen sich ganz schön die Schienbeine auf beim Stürzen. Am letzen Tag waren wir irgendwie schon froh, dass es vorbei ist. Für andere ging es aber noch ein ganz schönes Stück (3 Tage) weiter, da es auch einen Weg um das ganze Gebirgsmassiv herum gibt. Der Weg nennt sich dann O-Trail. Wir wollen uns gar nicht vorstellen, wie schwer deren Rucksack inkl. Verpflegung sein muss. Am ersten Tag war es noch sehr ungewohnt, einen schweren Rucksack zu tragen, über die nächsten Tage gewöhnte ich mich so langsam daran. Abends im Camp wurde dann das Laufen ohne Rucksack schön leicht, irgendwie fast federnd.

Anja angestrengt vom schweren Wanderrucksack tragen, kann kurz Pause machen, um fotographiert zu werden.

Landschaft

Am ersten Tag ging es früh los, um mit dem Bus in 2h bzw. ca. 100km von Puerto Natales in den Nationalpark zu fahren. Für patagonische Verhältnisse eine kurze Fahrt, quasi gleich um die Ecke. Nach dem Einchecken bei den Rangern und einen weiteren kleinen Busfahrt, ging es dann mit einem Katermaran zu dem Beginn des W-Trails. Vom Boot aus hat man einen herrlichen Blick auf das Gebirgsmassiv und mit dem Wetter hatten wir auch Glück. An der Anlegestelle begann dann die eigentliche Wanderung. Nach einigen kleinen Lagunen und ein paar Höhenmetern konnten wir bald die umliegen Gebirgszüge sehen. Gegen Ende des ersten Tages lag dann auch der Gletscher Grey vor uns, sehr beeindruckend, aber nicht so schön wie der Gletscher Perito Moreno (bei El Calafate), den wir eine Woche zuvor besucht hatten. Einer der sehr hohen Berggipfel, die fast immer in den Wolken standen, funkelte dabei in einem geheimnisvollen hellen Blaugrau, ein bisschen wie Glimmer. Warum das so ist konnten wir uns aber leider nicht erschließen. Am zweiten Tag ging es dann die gleiche Strecke zurück und wir konnten abends von der Abendsonne in rot getränkte Gipfel sehen. Am dritten Tag führte uns der Weg in die Mitte des Massivs, zum sogenannten Mirador Britannico, von dem aus man wie in der Mitte eines Kelches die umliegen Gipfel bestaunen konnte. Tag vier brachte neben viel Sonnenschein einen tollen Ausblick auf den See Lago Nordenskjöld, an dem wir den ganzen Tag mit viel Rückenwind entlang laufen und die Aussicht genießen konnten. Einen so schönen Kieselstrand mit toller Vegetation hatte ich vorher noch nicht gesehen. Das Wetter, das bis jetzt immer sehr vorteilhaft war, hielt leider nicht mehr am fünften Tag und wir konnten die berühmten Torres-del-Paine-Türme nicht aus der Nähe betrachten, da die Regenwolken das Wahrzeichen und auch uns umhüllten. Wir sind dann also nach 1h wieder umgedreht und haben den Rest des Tages mit Warten auf den Abfahrstbus verbracht. Das war auch nicht schlimm, so konnten wir wenigstens entspannen. Nachmittags zogen dann die Wolken auf und wir konnten doch noch ein paar Blicke auf das Wahrzeichen des Parks erhaschen und ein paar Fotos schießen.

Ist das teuer oder schon Abzocke

Wir haben recht spät (erst kurz vor Silvester) für den 10.-14.01. gebucht, wodurch der Trek für uns beide ziemlich teuer wurde - also ca. 850€ mit Anfahrt. Meiner Meinung nach viel zu teuer, aber manchmal muss man halt einen Tod sterben. Mit unserem chilenischem Host in Puerto Natales haben wir nach den vier Tagen des Wanderns darüber geredet und scheinbar hat das ganze System ein paar Fehler. Es gibt zwei Camping-Betreiber; der eine hat den Platz vom Staat angemietet und damit Auflagen was den Preis, Ausstattung und Sicherheit angeht. Er ist zwar etwas teuerer als ein normaler Campingplatz, aber noch vollkommen gerechtfertigt und bietet auch einen guten Service. Der andere Betreiber hingegen hatte damals zu Diktatorzeiten einen Deal mit Pinochet und wurde deswegen nicht um seinen privaten Grund im Nationalpark enteignet. Der Betreiber nutzt sein Monopol aus, verlangt 220€ pro Nacht in einem Autodachzelt (2 Personen) und bietet neben schlechten Service (aka dreckige, schimmlige und kalte Duschen) auch keine Küche (aka Tisch, Stühle und Sicherheitsregularien, wie z. B. Feuerlöscher in Kochplatznähe) an. Für mich als Tourist hat sich das absolut nach Abzocke angefühlt und ich würde deswegen den Trail in der Art und Weise wie wir ihn gemacht haben nicht weiterempfehlen, auch wenn die Natur dort wunderschön und beeindruckend ist. Es gibt anscheinend auch schon einen langen Rechtsstreit zwischen dem Betreiber und dem chilenischen Staat, da derartige Geschäftspraktiken natürlich auf lange Frist den Tourismus und damit auch andere kleine Betriebe enorm schädigen. Vor allem wenn das Fitz-Roy-Massiv "in der Nähe" in Argentinien deutlich günstiger ist und einen ähnliche Anziehungskraft auf Touristen hat. Unser Host denkt aber, dass der Rechtsstreit noch mindestens zehn Jahre andauern kann und vermutlich nicht gut ausgeht.

Mehrere Tourbusse, die am Parkeingang gerade Passagiere abgeladen haben. Die Torres-Türme sind dabei im Hintergrund zu sehen.

Fazit

Um den W- bzw. O-Trek (der ist etwas länger als der W-Trek) wird medial ein ziemlicher Hype gemacht, entsprechend sind in der Hauptzeit auch viele Menschen unterwegs. Uns hat das allerdings nicht sonderlich gestört, da wir sowieso zu den langsamen Wanderen gehörten. Für uns waren es auch nicht zu viele Menschen, Platz machen und überholen muss man auf den schmalen Pfaden aber schon öfters. Ein Besuch mit mehreren Tagesausflügen ist aufgrund der Apothekenpreise beim Camping (jedenfalls wenn man spontan und kurzfristig unterwegs ist) unter Umständen sogar billiger und man bekommt deutlich mehr für sein Geld. Zum Beispiel einen Guide, der einem viel über die Region erzählen kann und auch die versteckten Ecken im Nationalpark kennt. Alles in allem ist der Nationalpark aber wunderschön und einen Besuch wert.

Post Scriptum

Wer jetzt noch Lust hat auf mehr Bilder vom Nationalpark hat findet diese unter hoenisch.eu/photo/mo/sharing/uONlcedQt. Der aufmerksame Beobachter kann auch erkennen, wie Anjas Gemütszustand sich von Tag zu Tag verbessert! :D Die Erkältung wird weniger und der Rucksackinhalt auch!